Eine qualitative Studie im Rahmen eines berufsbegleitenden MBA-Studiums
Beitrag verfasst von Vanessa Dinger
In meinem berufsbegleitenden Studium zu Verhaltensorientiertem Management (MBA) an der Universität Koblenz hatte ich den Schwerpunkt Entrepreneurship gewählt, um so mein Interesse an Führung und New Work zu vertiefen. Für die anstehende Masterthesis entschied ich mich, ein Thema im Bereich Führungsverhalten zu untersuchen. Die Inspiration zur Konkretisierung des Themas erhielt ich durch einen Arbeitskollegen, als er sich fragte, was denn “die jungen Menschen” nun von ihren Vorgesetzten erwarten würden. So entstand die Idee zur qualitativen Studie, die meine Abschlussarbeit abbildet und ich hier beim Zentrum für interdisziplinäres Coaching vorstellen möchte.
Um zukünftig Unternehmen unterstützen zu können, ihre Mitarbeitenden und Führungskräfte gemeinsam voranzubringen, interessiere ich mich für die Coaching-Ausbildung bei Monika Zimmermann. Nachdem ich an ihrem Infotermin teilgenommen hatte, sind wir auf meine Thesis und meinen Wunsch, die Ergebnisse vorzustellen, gekommen. Ich bedanke mich ganz herzlich bei Monika, dass sie mir diesen Raum gibt und die Möglichkeit meine Arbeit und vor allem die Ergebnisse und somit die Gedanken der jungen Berufseinsteigenden eine Plattform bietet. Denn darum ging es von Anfang an: den jungen Berufseinsteigenden das Wort zu übergeben und gehört zu werden.
„Ziel meiner Masterarbeit war es, mittels des wissenschaftlichen Werkzeugs qualitativer Interviews neue Einblicke in die Ansichten der Generation Z zum Thema Führungsverhalten zu gewinnen und sie somit selbst zu Wort kommen zu lassen.“
Die anzunehmende These…
…war, dass die Generation Z andere Erwartungen und Vorstellungen an ihr Arbeitsumfeld aufweist als vorherige Generationen. Mit der fortschreitenden Entwicklung der Arbeitswelt, die von Automatisierung der Arbeitsprozesse und gesteigerter Qualifikation der Fachkräfte geprägt ist, geraten traditionelle Führungstheorien, wie die klassischen Ansätze von Führungsstilen, an ihre Grenzen. (vgl. Franken 2019, S. 311).
Da jede Generation durch gesellschaftlichen und politischen Wandel geprägt wird, verändern sich die angestrebten Wünsche und Ziele der Menschen (vgl. Klein 2020, S. 58). Eine weltweite Umfrage von Deloitte (2023) zeigt, dass 29% der Befragten Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten als entscheidenden Faktor für die Arbeitgeberwahl angeben. Eine weitere, bei Statista (2023) veröffentlichte, Studie zeigt, dass gutes Führungsverhalten bei der Generation Z unter die Top fünf Kriterien bei der Entscheidung für oder gegen einen Arbeitgeber fällt (vgl. onlyfy 2023). Insbesondere die Erwartungen bezüglich des Verhaltens in organisatorischen Strukturen sind von hoher Bedeutung (vgl. Kauffeld 2014, S. 181).
Die Relevanz des Themas war gegeben und ich machte mich an die Studie und die Auswahl der Expert:innen.
Die Methodik:
Durch die Form der semistrukturierten Interviews wurde die Gesprächsführung anhand der Orientierung am Leitfaden erleichtert. Das Ziel war es, neue Erkenntnisse zu generieren, die bisher in der Forschung unergründet sind und neue Möglichkeiten für die Verbesserung des Führungsverhalten aufzeigen könnten. In den Gesprächen unter vier Augen, sowie der anonymen Verwendung der Inhalte, entstand ein offener Raum, in dem die Teilnehmenden ehrlich und offen sprechen konnten.
Es galt herauszufinden, wie die Generation Z zu motivieren und im richtigen Maße zu fördern ist. Das langfristige Ziel ist es, damit mehr Verständnis für die jungen Berufseinsteigenden zu gewinnen und sich so als Unternehmen attraktiv aufzustellen.
Durch die Befragung beider Parteien – Berufseinsteigenden und Führungskräften – konnte ich Einblicke in die verschiedenen Wahrnehmungswelten beider Seiten gewinnen.
„Die Entscheidung für Interviews lag darin, dass ich selbst im Berufsleben einige Verhaltensweisen zwischen Personen unterschiedlicher Hierarchieebenen beobachten konnte, die nicht immer wohlwollend waren. Durch Gespräche mit Berufseinsteigenden, Studierenden und Führungskräften im beruflichen und privaten Umfeld, fand ich die Motivation, dies in meiner Abschlussarbeit umzusetzen und die Personen, die es betrifft, selbst zu Wort kommen zu lassen. Eingebettet in den wissenschaftlichen Rahmen, konnte ich dieses praxisrelevante Thema in mein nebenberufliches Studium integrieren.“
Die Ergebnisse:
Mit der explorativen Untersuchung der Interviews, konnten 4 Kategorien mit je 4 Subkategorien herausgearbeitet werden, die die Erwartungen und Anforderungen der Generation Z an Führungskräfte und deren Führungsverhalten beschreiben. Es konnte für beide Gruppen – Berufseinsteigenden (Generation Z) als auch Führungskräfte – ein gemeinsames Kategoriensystem entwickelt werden. Es wurde deutlich, dass die Bedeutung der Kategorien von hoher Bedeutung für jeweils die Mehrheit der Interviewten waren.
Die Kategorien*
*Die Aussagen der einzelnen Personen unterscheiden sich teilweise in der Vorstellung, wie die einzelnen Bereiche gehandhabt werden sollten, doch die Aspekte wurden von den interviewten Personen von selbst angesprochen.
Beschreibung der Kategorien:
1 Organisation
1.1 Befähigen: Eine Führungskraft trägt dafür Sorge, dass die Mitarbeitenden fähig sind, ihre Arbeit auszurichten. Dabei geht es beispielsweise um die Bereitstellung der Arbeitsmittel und des Fachwissens für den Aufgabenbereich.
1.2 Anwesend sein: Eine Führungskraft sollte erreichbar sein und mit Fachwissen und Erfahrung unterstützen können.
1.3 Ressourcen einteilen und anleiten: Die Mitarbeitenden sollten gemäß ihren Stärken und Schwächen für Aufgaben eingeteilt sowie Vertretungen für Krankheitsfälle organisiert werden.
1.4 Zutrauen und Verantwortung: Führungskräfte sind angehalten, den Mitarbeitenden eigene Aufgaben zu geben und sollten ihnen die Möglichkeit geben, diese eigenständig und unter eigener Verantwortung ausarbeiten zu können.
2 Soziale Kompetenz
2.1 Regelmäßige Kommunikation und Vertrauen: Diese Kategorie weist darauf hin, dass regelmäßige Kommunikation Vertrauen schafft, welches für weitere berufliche Interaktion von bedeutendem Vorteil ist.
2.2 Empathie, Offenheit und Augenhöhe: Eine Führungskraft sollte zuhören und empathisch sein. Auch für zwischenmenschliche Belange ist es wichtig, dass eine Führungskraft für ihre Mitarbeitenden einen Rahmen bietet, um persönliche Anliegen zu platzieren. Dabei ist es wichtig, dass beide Parteien auf Augenhöhe miteinander sprechen können.
2.3 Ruhe bewahren und Sicherheit ausstrahlen: Eine Führungskraft sollte auch in stressigen und ungewissen Situationen Ruhe bewahren können. Sie sollte Sicherheit ausstrahlen und lösungsorientiert an Themen herantreten.
2.4 Authentizität und selbstbewusstes Auftreten: Die Führungskraft sollte authentisch und selbstbewusst sein. Ihre Entscheidungen sollen überzeugend vermittelt werden.
3 Teamfähigkeit
3.1 Gemeinschaft: Auch bei der Arbeit sollte es Zeit für Gemeinschaft geben, damit sich ein Team kennenlernen kann.
3.2 Fairness und Transparenz: Um für Fairness zu sorgen, ist es wichtig, dass eine Führungskraft die Ressourcen im Team fair verteilt und regelmäßig im Blick behält. Zudem sollten Veränderungen transparent kommuniziert werden.
3.3 Motivation und Stimmung: Ebenso kann die Führungskraft durch bspw. positives Auftreten die Motivation im Team beeinflussen.
3.4 Konflikterkennung und -klärung: Die Führungskraft ist angehalten, einen Raum zu schaffen, in dem Konflikte erkannt und geklärt werden können. Hierbei sollte sie als neutrale Ansprechperson fungieren.
4 Zukunftsfähiger Weg
4.1 Fachliche und persönliche Weiterentwicklung: Die Führungskraft sollte Möglichkeiten zur Weiterentwicklung anbieten und diese gemeinsam mit den Mitarbeitenden erarbeiten.
4.2 Finanzielle Aussicht: Die Aussicht auf finanzielle Absicherung ist einigen der interviewten Berufseinsteigenden wichtig. Sie wollen, dass die Führungskraft transparent über finanzielle Aussichten sprechen können und das Unternehmen finanzielle Möglichkeiten offenlegt.
4.3 Perspektiven geben: Die Mitarbeitenden wollen Möglichkeiten und Wege für ihre Zukunft visionieren können.
4.4 Werte und Sinn der Tätigkeit: Die Generation sucht nach wertvoller Arbeit und einem Sinn ihrer Tätigkeit. Sie streben nach einem Leben geprägt von Werten und möchten dies in ihren Lebensstil integrieren.
Fazit und Ausblick
Welcher berufliche Nutzen ergibt sich nun aus den Ergebnissen?
Es geht vor allem darum, die gewonnenen Erkenntnisse aufzuzeigen und somit Aufmerksamkeit darauf zu lenken, wie wichtig die Führungsebene und das Führungsverhalten der eigenen Vorgesetzten für Berufseinsteigende ist. Zudem kann ein Verständnis für die Generation der Berufseinsteigenden gewonnen und der Austausch zwischen den Generationen gefördert werden.
Eindeutig geht aus der Studie hervor, dass Berufseinsteigende sowie Führungskräfte ein sehr dynamisches Verständnis von Führung haben. Starre, veraltete Muster und rigide Arbeitsweisen sind unattraktiv und der heutigen Arbeitswelt nicht mehr gewachsen. Neue Rollenmodelle von Führung, wie etwa das VACC-Modell, bieten erweiterte und flexiblere Ansätze für leitende Personen, wobei Inspiration, Befähigung und Wachstum im Zentrum stehen. In diesem Kontext kann Coaching Führungskräften einerseits dabei unterstützen ihren eigenen Führungsstil (neu) zu entwickeln und andererseits von ihnen selbst eingesetzt werden, um Mitarbeitende zu fördern und ihnen zu ermöglichen, ihre Potentiale zu entfalten.
Die Ergebnisse dienen dazu, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen, die gewonnenen Erkenntnisse im Berufsalltag zu prüfen und ggf. mit den betroffenen Personen ins Gespräch zu gehen. Auch können die Kategorien als eine Art Leitfaden dienen, der bei Bedarf angepasst werden kann.
Hier ist es wichtig, die Grenzen einer qualitativen Forschung aufzuzeigen und darauf hinzuweisen, dass jeder Mensch individuelle Ansichten, Wünsche und Herausforderungen mitbringt.
Quelle: https://kola.opus.hbz-nrw.de/frontdoor/deliver/index/docId/2491/file/Dinger_Vanessa_Masterthesis.pdf
ISSN: 2701-5076
Im Text verwendete Quellen:
- Franken, Swetlana (2019). Verhaltensorientierte Führung. Handeln, Lernen und Diver-sity in Unternehmen. 4th ed. Wiesbaden, Springer Gabler.
- Klein, Claudia (2020). Jede Generation hat eigene Werte – Generation Z. physiopraxis 18 (01), 58–60. https://doi.org/10.1055/a-0975-1796.
- Deloitte (2023). Generation Z in Deutschland. Aus welchen Gründen haben Sie sich für Ihren jetzigen Arbeitgeber entschieden? Available online at https://de.sta-tista.com/statistik/studie/id/62665/dokument/generation-z/ (accessed 10/9/2023).
- onlyfy (2023). GenZ als treibende Kraft bei neuen Arbeitsformen. Auf welche Fakto-ren achten Sie besonders bei einem potenziellen neuen Arbeitgeber und was
- sollte Ihnen dieser bieten? Statista. Available online at https://de.sta-tista.com/statistik/studie/id/62636/dokument/neue-arbeitswelt/ (accessed 12/29/2023).
- Kauffeld, Simone (2014). Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie für Bachelor. Berlin, Heidelberg, Springer Berlin Heidelberg.
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